Lyrik zwischen Softness und queerfeministischer Radikalität

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Fluide, Sovia Szymulas Gedichtbandit*in, empfängt und umschmiegt einen fortan während des Lesens mit dessen queerer Radikalität. Erschienen 2022 im Brimborium Verlag, wechselt es zwischen poetischer Softness und unaufhaltsamer Wut, Liebe für FLINTA* Personen und Hass auf das Patriarchat und alle, die es so bewusst stützen und schützen.

Die Gedichte selbst sind zumeist auf Deutsch geschrieben, manche auf Englisch, leider ohne Übersetzungen, was für einige Leser*innen die Zugänglichkeit erschwert. Ihre Länge, mal nur wenige Zeilen, mal über zwei Seiten wiederum macht Raum auf, um zu fühlen, mal eben nur durch wenige Worte, mal sich fast erschlagen fühlen durch die viele Energie, aber froh sein, dass man das fühlen darf und kann. Sie lesen sich oft wie gesprochen, enthalten Umgangssprache, queere Sprache, feministische Sprache, man merkt im Lesen den Rap- und Spoken-Word-Hintergrund des*der Autor*in als Lila Sovia.

Sovia Szymulas Lyrik ist stark, verletzlich, wütend, soft, laut, leise, empowernd, unendlich queer und feministisch. Es ist kein(*e) Gedichtband(it*in) zum einfach Weglesen, stattdessen zum Fühlen und Radikalisieren lassen.

Danke an den Brimborium Verlag für das Rezensionsexemplar.

Linus liebt Licht – und ich liebe Linus

Linus liebt Licht ist ein Pappbilderbuch ab 2 Jahren, das von einem autistischen Kind erzählt. Es wird beschrieben, was dieses Kind, Linus, glücklich macht, was ihn überfordert, was ihn fasziniert und beruhigt. Jede Seite ist mit wunderschönen Bildern illustriert, die eine klare Bildsprache haben, nicht überladen sind und ohne Verwendung greller Farben auskommen. Was außerdem positiv auffällt, ist die unaufgeregte Diversität der Figuren im Hintergrund der Bilder. Am Ende des Buchs werden schließlich zuerst die Kinder, dann die erwachsenen Leser*innen angesprochen. Ihnen wird erklärt, was es mit Linus und mit Autismus auf sich hat und wieso sich autistische Kinder oder auch Erwachsene auf die eine oder andere Weise verhalten. Es wird außerdem erklärt was Stimming ist („selbst-regulierendes oder selbst-stimulierendes Verhalten“), weil alle Tätigkeiten, die im Buch beschrieben werden, Stimming sein können.

Alles in allem merkt man dem Buch an, dass es ein Herzensprojekt aller Beteiligten ist. Die Autorin Anna Mendel und die Illustratorin Jasmin Sturm sind beide Mütter eines autistischen Kindes und bringen ihre Perspektiven mit in die Geschichte. Da es aber nicht ihrem eigenen Erleben entspricht, da sie selbst nicht autistisch sind, gab es auch ein diskriminierungssensibles Lektorat.

Als Autist*in, die*r erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wurde, habe ich dieses Buch mehr als gerne gelesen, mehrfach hindurch geblättert, die Bilder bewundert und mir gewünscht, es hätte schon in meiner Kindheit ein solches Buch gegeben. Ich habe mich wiedererkannt in den Zeichnungen und der Erzählung und alles sehr nachgespürt, über mein eigenes Stimming nachgedacht und wie schön es ist, dass manches ganz unterschiedlich und anderes ganz ähnlich ist wie bei Linus. Mir persönlich hätten es noch ein oder zwei Seiten Bilderbuch mehr sein dürfen, bevor die Erklärungen für nicht-autistische Menschen anfangen, aber das werden alle unterschiedlich empfinden.
Was für mich tatsächlich etwas herausfordernd war, war der fehlende Übergang zur letzten Doppelseite und dass diese insgesamt sehr voll ist mit Informationen. Nach einem visuell sehr beruhigenden Bilderbuchteil war das für mich ein doller Bruch.

Trotzdem: Linus liebt Licht füllt eine Lücke in der Bilderbuchwelt, das steht für mich absolut fest. Ich wünsche mir mehr solcher positiven Bücher über Autist*innen, groß wie klein und mit Protagonist*innen vieler Geschlechter und Hintergründe. Von mir gibt es 5* für Linus liebt Licht, das, so glaube ich, ich allen Familien (autistisch oder nicht) gut gefallen und auch in Kindergärten gut ankommen wird. Insbesondere möchte ich das Buch aber autistischen Kindern und Erwachsenen ans Herz legen: es tut so gut sich wiederzuerkennen.